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Das Rechenzentrum

Das Rechenzentrum und die Rechenkapazitäten hatten innerhalb der ETH wohl einen der markantesten Wachstumsschübe zu verzeichnen. Der erhöhte Rechenzeitbedarf erforderte einen dezentralen Zugriff auf die
Rechenanlage. Zudem stieg die Nachfrage nach Beratung sprunghaft an.

1964 wurde das Rechenzentrum als eine selbstständige "Service-Stelle" aus dem Institut für angewandte Mathematik ausgegliedert. Es verfügte über eine CDC-1604- Anlage und diente vor allem den Instituten und Annex-Anstalten "für automatische Rechenoperationen verschiedenster Art". Ausserdem erledigte es manche Verwaltungsaufgaben des Rektorats, etwa das Aufstellen von Prüfungsplänen. 1967 war das Rechenzentrum in den Räumen des Hauptgebäudes untergebracht, zählte 15 fest angestellte Mitarbeiter und der Umzug in einen Neubau zwischen dem Zehnderweg und der Clausiusstrasse stand bevor.

ETH Rechenzentrum Clausiusstrasse 1975
ETH Rechenzentrum Clausiusstrasse 1975
Die Inbetriebnahme der Computer Control Data CDC-1604-Anlage hatte gegenüber dem selbst gebauten alten ERMETH-Computer eine Steigerung der Rechenkapazität um das Vierhundertfache bedeutet. Das Rechenzentrum konnte diese Kapazitäten aber aus personellen Gründen nicht voll ausnutzen: Die Vorbereitungs- und Eingabearbeiten produzierten ebenso Engpässe wie die "Personaldotierungs- und Rekrutierungsschwierigkeiten". Idealerweise hätte ein Dreischichtbetrieb organisiert werden müssen, was im traditionellen Büroalltag sehr ungewöhnlich war (Schulratsprotokolle, SR2:1967, Sitzung vom 4.2.1967, 75). Eine Prognose für die nächsten acht Jahre zeigte zugleich weiteren Rechenbedarf an.

"Für 1967/68 wurde der Bedarf auf Grund einer Umfrage extrapoliert, für die Jahre 1969 bis 1974 stützt er sich auf Erfahrungen von Hochschulen in den USA. Wird die Rechenleistung des Jahres 1966 mit der Zahl 1 L beziffert, so wird folgende Entwicklung vorausgesagt:


1967.........1,5L


1968.........2L


1969.........3L


1970.........4L


1971.........6L


1972.........8L


1973.......12L


1974.......16L"

(Schulratsprotokolle, SR2:1967, Sitzung vom 4.2.1967, 75)

Angesichts der bevorstehenden Veränderungen schickte man eine Delegation auf Studienreise in die USA, um die nahe Zukunft bereits einmal vor Ort zu besichtigen. Die Gruppe suchte "an namhaften amerikanischen Hochschulen" Antworten auf Fragen nach dem Umfang und der Organisation der Lehre auf dem Gebiet der Datenverarbeitung. Auch die Organisation des Rechenservicebetriebs und dessen Eingliederung in die Hochschule sollten genauer erkundet werden. Der personelle und finanzielle Aufwand interessierten ebenso wie Entscheidungshilfen betreffend eine zentrale oder dezentrale Aufstellung der Rechenmaschinen sowie der Stand der Technik und der Betriebssysteme. "Time Sharing" galt als Schlüsselprinzip für die Computerisierung der Wissenschaft.

"Diese Prinzip der Computer-Benützung wird als der eigentliche Sprung nach vorn bezeichnet und es wird der Erwartung Ausdruck gegeben, dass die durch Time Sharing gewährleistete Benützung des Computers als Diskussionspartner bei der Ausarbeitung von wissenschaftlichen Theorien und technischen Entwürfen von grösstem Einfluss auf Wissenschaft und Technik sein wird. Das Prinzip besteht, einfach ausgedrückt, darin, dass an einen zentralen Computer die Benützer dezentralisiert, durch Telefon- oder Drahtleitungen, verbunden sind. Jeder Benützer hat praktisch sofortigen Zugang zur Anlage und die Resultate werden ihm praktisch ohne jeden Zeitverlust geliefert."

(Schulratsprotokolle, SR2:1967, Sitzung vom 4.2.1967, 78).

Die Einführung dezentraler Zugänge und damit die intensivere Nutzung der Grossrechenanlage brachten Folgekosten mit sich: Grosse technische Systeme funktionieren nur, wenn die dauerhafte Wartung der Maschinen sichergestellt und die Beratung der Nutzer jederzeit gewährleistet ist. Um die wartungstechnischen Anforderungen zu meistern, verbrachten zwei ETH-Absolventen das Studienjahr 1967/68 am MIT, um sich in die Time Sharing-Technik einzuarbeiten und "als Verbindungs- und Informationsstelle" zu dienen.

Mit den Computern werde sich "das Bild des ETH-Absolventen der Zukunft" stark verändern, lautete die Vorhersage der Arbeitsgruppe. Noch aber waren Computer praktisch für alle Wissenschaftler Neuland: Tatsächlich stellte z. B. für viele Schweizer Bauingenieure das vom MIT mitgebrachte Programm STRESS – ein Finite Element-Programm zur Berechnung von Stabtragwerken – den ersten Kontakt überhaupt mit Computern dar: Der "STRuctural Engineering Systems Solver" war auf die CDC-Anlage des neuen Rechenzentrums portiert worden (RZ-Bulletin 4, Juli 1970, 10). Beratungsleistungen hatten für das Rechenzentrum deswegen ebenfalls ganz oben im Pflichtenheft zu stehen, zumal die RZ-Mitarbeiter den missionarischen Vorsatz gefasst hatten, die Rechner möglichst schnell in die Wissenschaftsdisziplinen hineinzuschleussen.

Dabei hingen sie einer Philosophie des informierten, selbstverantwortlichen Kunden an. Mit dem "RZ-Bulletin", das seit November 1969 erschien, wurde für beide Strategien eine Plattform geschaffen. Die im Eigenverlag herausgegebenen 16 Seiten besassen den ästhetischen Charme von selbstgeschriebenen Samiszdat-Zeitungen, wie sie unter Dissidenten in ost- und mitteleuropäischen Staaten klandestin zirkulierten, um der staatssozialistischen Zensur zu entgehen: Der vergemeinschaftende Aspekt des Bulletins war ihnen schon von weitem anzusehen. Besonders jene, "welche zum elektronischen Rechnen nur eine periphere Beziehung haben", so der Informatik-Professor Carl August Zehnder in der ersten Ausgabe des Bulletins, sollten mit Hilfe des Rechenzentrums am "unzweckmässigen Einsatz der (falschen) Mittel und damit schlechten Computergebrauch" gehindert werden. Allerdings: "Niemand hat die Illusion, mit diesem bescheidenen RZ-Bulletin jetzt gleich alle schlechten Programme zu eliminieren". Zehnder schwebte vielmehr eine "RZETH-Gemeinschaft" vor, die sich im neuen Blatt artikulieren und über den regelmässigen Austausch langsam festigen würde. Optimistisch forderte das Rechenzentrum gleich in der zweiten Nummer zur Gründung einer selbstorganisierten "Nutzer-Kommission" auf, eine Idee, die allerdings nur eine Leser-Reaktion provozierte und dann versandete. Weit durchsetzungsfähiger erwiesen sich Rubriken wie "Unsinn für Fortgeschrittene" oder "Vorschlagswesen". Hier wurden einschlägige Fehler und ihre Korrektur abgedruckt und Rechenzentrumskunden oder Mitarbeiter diskutierten lebhaft die Schwächen von Programmen, Compilern und Maschinen sowie Taktiken der Überlistung und mögliche Detailverbesserungen.

Andrea Westermann

   
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