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Als Technische Hochschule hatte die ETH beträchtliche akademische Autonomie erlangt, dank der sie stabile Kooperationen mit Staat und Wirtschaft eingehen konnte. Schlüssel für das neue Verhältnis der Schule zu ihrem Umfeld war die erfolgreiche Kombination von theoretisch formuliertem und experimentell kontrolliertem Wissen.
Die angewandte Forschung und die Grundlagenforschung gewannen gegenüber der Lehre vermehrt an Bedeutung. Diese Verschiebung machte die apparative Hochrüstung der Institute zur unabdingbaren Voraussetzung wissenschaftlichen Erfolgs. Dies erforderte neue Finanzierungsmodelle.
Zugleich mehrten sich die Zweifel an der imaginierten Einheit der Wissenschaft.
Nicht nur die Natur- und die Geisteswissenschaften, sondern auch einzelne natur- und technikwissenschaftliche
Disziplinen schienen sich im Prozess ihrer Spezialisierung immer weiter von einander zu entfernen.
Auf den drohenden Verlust an Generalisierbarkeit der Methoden und Modelle antwortete man mit der Vorstellung
einer Verkettung der Wissensformen. Diese führte nach Ansicht eines ETH-Rektors der Zwischenkriegszeit von
der Mathematik über die Kristallographie und die Materialwissenschaft bis hin zu den volkswirtschaftlichen
und kulturellen Interessen der Nation.
Diese Verkettung verlangte grosse organisatorische Fantasie. Nach dem Ersten Weltkrieg intensivierte die ETH die Zusammenarbeit mit der Industrie über mischfinanzierte Institute. So banden etwa die Versuchsanstalt für Wasserbau (1930) oder die Abteilung für industrielle Forschung AFIF (1937) die ETH in ein korporatistisches Sicherheitsnetz von bundesstaatlichen, kantonalen und industriellen Aussenbeziehungen ein.
An der Landesausstellung 1939 in Zürich war die ETH physisch-apparativ wie auch
ideologisch-wissenschaftlich omnipräsent. Spätestens seit 1936 nahm sie im Rahmen der "geistigen
Landesverteidigung" Anteil an der "nationalen Erziehung". Schliesslich entfaltete der
Schulratspräsident Arthur Rohn eine innovative wissenschaftspolitische Aktivität, die zumindest indirekt
zur Gründung des Schweizerischen Nationalfonds führte.
Alles in allem segelte die ETH mit beachtlichem Erfolg als Flaggschiff des Bundesstaates im freundeidgenössischen Wind von Landi-Geist, Réduitmentalität und Konkordanzdemokratie. Die Hochschule verwandelte dabei wirtschaftliches in akademisches Wachstum – stets mit dem Hinweis auf ihre grosse Bedeutung für den Wohlstand aller.
Dabei spielte die ETH auch die Rolle eines nationalen Informationszentrums, das wissenschaftliche und gesellschaftliche Signale sorgfältig registrierte. So beschäftigte man sich in den 1950er-Jahren mit lokalen Modernisierungskosten, wie der Gewässerverschmutzung, und brachte sich zugleich erfolgreich in internationale Forschungskooperationen ein. Doch Anfang der 1960er-Jahre wurde allmählich klar, dass das helvetische Erfolgsmodell der Dynamik der Zeitläufe nicht mehr gewachsen war.
1918 | Kuppel auf dem Hauptgebäude im Rohbau fertig |
1929 | Eröffnung der Versuchsanstalt für Wasserbau |
1929 | Eröffnung des Betriebswissenschaftlichen Instituts BWI |
1933 | Eröffnung des Instituts für technische Physik |
1937 | Eröffnung der Abteilung für industrielle Forschung AFIF |
1937 | Eugen Böhler verfasst erste Konjunkturberichte |
1942 | Schaffung eines Nationalfonds, von Rohn initiiert, scheitert am Widerstand der Kantone |
1952 |
Gründung des Schweizerischen Nationalfonds |
1961 |
Beginn erste Bauetappe ETH Hönggerberg |
1965 | 444 Mio. Franken-Kredit für ETH-Ausbau bewilligt |
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2005
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