ETHistory 1855-2005

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Institut für Arbeitspsychologie

Aufgaben im Wandel

Kernanliegen der Arbeitspsychologie ist es, zur menschengerechten Gestaltung von Arbeit beizutragen. Dazu wird das Zusammenspiel von Menschen, Technologien, organisationalen und gesellschaftlichen Bedingungen im Hinblick auf die Erfüllung von Arbeitsaufgaben theoretisch ergründet, empirisch untersucht und durch die Entwicklung von Methoden und Instrumenten gestalterisch unterstützt. Die konkreten Forschungsfragen der Arbeitspsychologie ändern sich mit den sozialen, gesellschaftlichen und technologischen Bedingungen menschlicher Arbeit. So war in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts die Einführung computergestützter Produktionsverfahren in der Industrie ein wichtiges Thema, während heute durch die Zunahme der Bedeutung von wissenbasierten und Dienstleistungs­tätigkeiten in vernetzten und flexiblen soziotechnischen Systemen Fragen wie die Auswirkungen von Arbeitsflexibilisierung, die Gestaltung von organisationalen Netzwerken, Handeln in komplexen Umwelten (Sicherheit in der Medizin, Lufftfahrt etc.) das Management von persönlichem und organisationalem Wissen, die Analyse und Gestaltung besonderer Arbeitsplätze (Schule, Universität, Freiwilligenarbeit) im Zentrum stehen.

Institutionelle Entwicklung

Am 1. Oktober 1972 wurde der Lehrstuhl für Arbeits- und Betriebspsychologie (LAB) begründet und mit Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Ulich besetzt. Bis 1974 war der LAB eine Abteilung des Instituts für Verhaltenswissenschaft, seitdem ist er eine selbstständige Professur innerhalb der ETH. Von 1972 bis 1982 gehörte der LAB zur damaligen Abteilung für Geistes- und Sozialwissenschaften. 1982 erfolgte der Wechsel in die Abteilung (heute: Departement) für Informatik. Zum 1. Oktober 1985 wurde der LAB in Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspychologie (LAO) umbenannt. Am 1. Januar 1990 wurde das Institut für Arbeitspsychologie (ifap), das bis 1972 bestanden hatte und aufgelöst worden war, wieder begründet. Das ifap wurde dem neu errichteten Departement für Maschi­nenbau, Betrieb und Produktion (heute: Betriebs- und Produktions­wissen­schaften BEPR) zugeordnet. Prof. Ulich leitete das Institut 25 Jahre und trat zum 30. September 1997 altershalber zurück. Seit dem 1. Oktober 1997 haben Prof. Dr. Gudela Grote und Prof. Dr. Theo Wehner mit reduziertem Lehrdeputat die Nachfolge angetreten, seit 2003 als zwei eigenständige Professuren mit je 75%-Pensum.

Besonderheiten der Forschung

Vor dreissig Jahren wurde am Lehrstuhl für Arbeits- und Betriebspsychologie ein Modell zur Entstehung von Arbeitszufriedenheit entwickelt, das durch die differenzierte Betrachtung der Dynamik von individuellen Ansprüchen und betrieblicher Realität Theorie wie Praxis nachhaltig beeinflusst hat. In den 80er und 90er Jahren wurde das Institut für Arbeitspsychologie vor allem durch den Mensch-Technik-Organisations-Ansatz bekannt, der das CIM-Aktionsprogramm des Bundes und diverse Forschungsinitiativen bundesweit und an der ETH zur arbeitsorientierten Gestaltung automatisierter Produktionssysteme wesentlich geprägt hat. Eines der Instrumente, das auch in dieser Zeit entstanden ist, ist die Methode KOMPASS zur Unterstützung von Entscheidungen zur Aufgaben­verteilung zwischen Mensch und Technik, die in der Forschung wie auch in der Praxis international Anerkennung gefunden hat.

In den letzten Jahren haben diverse theoretische und anwendungsbezogene Arbeiten zum Risiko- und Sicherheitsmanagement weite Beachtung gefunden, unter anderem Konzepte und Methoden zur Erfassung von Sicherheitskultur und für die Analyse von kritischen Ereignissen. Ebenfalls sind die Auswirkungen von Arbeitsflexibilisierung auf die individuelle Identität und die in Unternehmen geltenden psychologischen Verträge zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber untersucht worden, wobei insbesondere das Konzept des psychologischen Vertrags erstmals in der Schweiz erforscht wurde, was auf sehr breites Interesse gestossen ist. International publiziert und rezipiert wurde ein empirisch überprüftes Modell zum kooperativen Handeln sowie Studien zum Vertrauen in und zwischen Organisationen. Seit neuere Zeit werden frei-gemeinnützige Tätigkeiten (Ehrenamt, Freiwilligenarbeit, Miliztätigkeiten) erstmals in der Schweiz aus arbeitspsychologischer Perspektive untersucht und in Gestaltungsvorhaben einbezogen.

Dynamik der Lehre

Arbeits- und organisationspsychologische Lehre ist schon immer breit für diverse Departemente durchgeführt worden und auf grosses Interesse gestossen. In den letzten Jahren wurde durch die Vorlesung Discovering Management auch eine gute Integration mit der Lehre im Bereich Management erreicht, was im Zuge der Umgestaltung des Departements und der Schaffung von Master´s Programmen noch sehr verstärkt werden soll, z.B. durch arbeits- und organisationspsychologisch fundierte Vorlesungen im Bereich Human Resource Management, Gesundheitsmanagement, Wissensmanagement und Projektmanagement. Auch liefert das Institut einen wichtigen Teil an die Methodenausbildung der Studierenden durch die Vermittlung empirischer Methoden der Sozialforschung.

Problemlagen

Arbeits- und organisationspsychologische Forschung wandelt sich mit den gesellschaftlichen Problemen menschlicher Arbeit. Die Forderung nach menschengerechter Arbeit hat durch die Globalisierung der Wirtschaft neue Bedeutung erlangt, denn es gilt, betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Konzepte stärker zu verzahnen und eine Internationalisierung von Standards im Human Resource Management zu erreichen. Das Departement D-MTEC in seiner neuen Zusammensetzung und zunehmenden Gewichtung der Volkswirtschaft bietet dazu ideale Voraussetzungen.

Zukunftsperspektiven

Die Arbeits- und Organisationspsychologie will weiterhin einen bedeutsamen Beitrag zur Gestaltung der Arbeitswelt leisten. Dabei wird sie auch Studien in neuen und eher wenig arbeitspsychologisch erforschten Bereichen durchführen (Universität, Schule, Krankenhaus, Freiwilligenorganisationen). Wichtige Forschungsthemen bleiben die Virtualisierung, Flexibilisierung und Vernetzung von Arbeit und Arbeitsorganisationen. Dazu gehören auch die grösser werdenden Grauzonen zwischen Erwerbs- und Nichterwerbsarbeit sowie Themen der Kooperation, Konflikt und Vertrauen. Die verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Managementdisziplinen in Forschung und Lehre wird durch die jetzige Departementszusammensetzung gefördert. Auch eine stärkere internationale Zusammenarbeit ist begonnen worden, was neben dem direkten Gewinn für die Forschung auch eine Internationalieiserung von Praktiken im Human Resource Management unterstützen soll.


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